Vom Versperren und Sichern

Eine eiserne handgeschmiedete Truhe, von außen vielleicht nicht sehr auffällig, birgt im Inneren ein kleines Wunderwerk. Obwohl sich der Inhalt nicht erhalten hat, sind die Schlösser, die ihn damals gesichert haben, ebenso faszinierend. Verschiedene Sperrmechanismen wurden miteinander kombiniert, um wertvolle Dinge sicher zu verwahren. Komplett aus Eisen gefertigt, vernietet und mit verstärkender Kreuzbandung versehen, besitz die Truhe eine Schließmechanik mit fünffacher Verriegelung. Auf der Vorderseite befindet sich ein Schloss mit einem schönen v-förmigen gotischen Schlüsselfang. Dieser war praktisch, um im Dunkeln leichter ins Schlüsselloch zu finden. Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine Attrappe, die zur Ablenkung diente. Anders als bei Holztruhen, befindet sich bei eisernen Truhen der Sperrmechanismus nämlich im Deckel. Sie wurden auch als Kriegskassen bezeichnet, da sie oft dazu dienten Steuern, Solde oder Wertgegenstände aufzubewahren.

 

Wollte man nun aufsperren, brauchte man zuerst die richtigen Schlüssel. Ursprünglich waren drei verschiedene notwendig, um auf- und zuzusperren. Für mehr Sicherheit wurden die Schlüssel oft von mehreren Personen verwahrt. Zwei Vorhangschlösser hingen an den Ringen des geschlossen Deckels, sie mussten zuerst geöffnet werden. Über den Ringen waren zusätzliche Überfallen, diese mussten nach unten geklappt werden. Nun brauchte man den dritten Schlüssel, ein sogenannter Hohldornschlüssel sperrte das Schloss am Deckel. Erst jetzt ließ sich die Truhe öffnen. Blickt man auf das Innere des Deckels, sieht man die aufwändige Schließmechanik. Der Schlüssel steckt im sogenannten Eingemach, über dem sich eine flache Kapelle befindet. Drehte man den Schlüssel, wurden durch ein kompliziertes System aus Riegeln und Zungen die Fallen bewegt und damit die Truhe versperrt. Wirft man einen Blick ins Truheninnere, fällt auch die rote Färbung auf. Das ist kein Rost, sondern ganz im Gegenteil ein Rostschutzmittel. Das sogenannte Mennige wurde lange Zeit zum Schutz gegen Rost eingesetzt, wird aber heute nicht mehr verwendet da es stark bleihaltig ist.

 

Drei Schlüssel, ein Scheinschloss, ein wirkliches Schloss, fünffache Verriegelung, zwei Überfallen und zwei Vorhangschlösser – diese Truhe war wirklich gut gesichert!

Hut ab - das Gradner Reindl

Jemand ist gut behütet, man ist unter die Haube gekommen oder es brennt gar der Hut – wenn auch im Alltag seltener sichtbar, sind Hut & Co. nach wie vor in aller Munde. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war es allerdings für jedermann und jedefrau selbstverständlich, mit einer Kopfbedeckung außer Haus zu gehen. Ob Tuch, Haube oder Kappe – Varianten gibt es viele. Eine der beliebtesten ist aber mit Sicherheit der Hut. Er wird und wurde sowohl von Männern als auch Frauen getragen, kann von übergroß bis winzig alle erdenklichen Formen haben und aus allen möglichen Materialien bestehen. Gerade Trachtenhüte erfreuen sich auch heute wieder großer Beliebtheit.

 

In der Steiermark haben sich im Laufe der Zeit spezielle Formen der Kopfbedeckung zur Tracht entwickelt. Viele werden heute noch gefertigt und zu bestimmten Anlässen getragen. Beispiele für Damenhüte sind der bekannte Ausseer Hut oder der Sulmtaler Hut, ein sehr breiter und flacher Scheibenhut aus Stroh. Wir beschäftigen uns mit dem Reindlhut. Bereits ab ca. 1840 lassen sich in der Steiermark die schwarzen Reindlhüte nachweisen. Sehr verbreitet ist der Murbodner Reindlhut, der von den Schladminger Tauern bis ins Murtal getragen wurde. Das Reindl ist allerdings auch in der Weststeiermark beheimatet, nämlich das Gradner Reindl!

 

Das Museum Köflach besitzt mehrere Gradner Reindl, eines davon wollen wir uns genauer anschauen. Der Reindlhut hat eine runde Form mit einem flachen Gupf und einer rundum aufgebogenen Krempe. Hergestellt wurde er vermutlich aus Kaninchenhaar, das Kaninchenfell wurde dafür mit einer bestimmten Methode verfilzt. Die Krempe ist mit schwarzem Samt eingefasst. Er besitzt ein zweiteiliges Hutband, bei dem ein seidenes und ein samtenes Band miteinander verflochten wurden. An vier Stellen putzen drei zierliche Knöpfe das Hutband zusätzlich auf. Was wissen wir noch über den Hut? Der Aufdruck am grünen Innenfutter verrät uns, dass er in Köflach bei dem Hutmacher Franz Pfaller angefertigt wurde. Der Betrieb war bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in Köflach ansässig und blieb bis in die 1980/90er Jahre bestehen. Und wann tragen Sie das nächste Mal wieder Hut?

Ein spielerischer Gruß aus dem "finsteren" Mittelalter

Dieser kleine, so vertraut wirkende Würfel stammt nicht etwa aus einer modernen Spielesammlung. Nein, er verbrachte schon mindestens 500 Jahre unter der Erde, bis er 1986 am Franziskanerkogel neben der Zisterne der Burg wieder gefunden wurde. Archäologen des Landesmuseums Joanneum führten damals eine Ausgrabung durch, um Beweise dafür zu finden, dass eine der ältesten Burgen der Steiermark, die Primaresburg, sich tatsächlich am Franziskanerkogel befand. Mittlerweile ist man sich da recht sicher, auch wenn unser Würfel nicht viel dazu beitragen konnte. Dafür gibt uns dieser kleine Gegenstand ganz andere, spannende Einblicke: im angeblich so finsteren und trostlosen Mittelalter wurde gespielt! Sogar auf einer stolzen Ritterburg.

Am liebsten spielte man Würfelspiele, nach ähnlichen Regeln wie auch heute noch: entweder gewann die höchste Punktezahl, oder man musste mit mehreren Würfeln möglichst nahe an eine festgelegte Punktezahl kommen. Ab dem Spätmittelalter kombinierte man gerne Brettspiele mit Würfeln, es entstand das sogenannte Tric Trac, das heutige Backgammon. Natürlich ging es bei diesen Spielen nicht immer friedlich zu, immerhin wurde auch gerne um Geld gespielt. Gerade in Kombination mit Alkohol kam es oft zu Raufereien, die auch mal tödlich endeten. Und Betrügereien, wie bleibeschwerte Würfel, waren keine Seltenheit. Dank dieser negativen Aspekte wurde das Würfelspiel immer wieder verboten, oder nur unter bestimmten Auflagen erlaubt: nicht jede Bevölkerungsschicht durfte spielen, die Einsätze wurden beschränkt, oft war das Spiel nur tagsüber erlaubt, oder nur an Orten, an denen kein Wein ausgeschenkt wurde.

 

Das Würfelspiel ist aber keine mittelalterliche Erfindung. Schon im 3. Jahrtausend vor Christus gab es sechsseitige Würfel im Vorderen Orient. In Europa tauchen sie um 900 vor Christus in Italien, bei den Etruskern, das erste Mal auf. Die Römer übernahmen diese Freizeitbeschäftigung gerne, und so hat sich das Würfelspiel bis ins Mittelalter und schließlich in unsere Zeit erhalten.

 

Wenn Sie also das nächste Mal Paschen, Meiern, Craps oder Yahtzee spielen, amüsieren Sie sich auf die gleiche Art, mit den gleichen Würfeln, wie Menschen es schon seit fast 4000 Jahren tun!

Der Wachsnikolaus aus dem Lebzeltmodel

Ein bärtiger Mann in Bischofsornat und Mitra, in der einen Hand ein Krummstab, in der anderen ein Buch mit drei goldenen Kugeln darauf. Unser Objekt zeigt den Heiligen Nikolaus. Der 6. Dezember ist mit vielen Bräuchen verbunden und wird oft schon mit Spannung erwartet. Ist es doch bei uns üblich, dass der Nikolo nach einer Befragung die braven Kinder beschenkt. Begleitet wird er vom Krampus (auch Bartl genannt), früher manchmal auch von zwei Engeln und der Habergeiß.

 

Der Gabenbringer ist einer der wichtigsten Heiligen der Ostkirche und unter anderem Patron der Kinder, Seefahrer und Bäcker. Ihm werden viele Legenden und Wundertaten nachgesagt. Hierbei vermischen sich die Geschichten des Heiligen Nikolaus von Myra († um 350) und dem später lebenden Abt Nikolaus von Sion († 564).

 

Aber um was für ein Objekt handelt sich bei dem Nikolaus nun eigentlich? Es ist ein bemalter Wachsabguss, der aus der ehemaligen Wachszieherei Neubauer in Köflach stammt. Der Wachsabguss wurde Ende des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts mit einem Lebzeltmodel hergestellt. Lebzelten ist ein altes Wort für Lebkuchen und ein Model ist eine Hohlform um zum Beispiel Teig oder Wachs die gewünschte Gestalt zu verleihen. Der Beruf des Lebzelters war meist ein doppeltes Handwerk zusammen mit dem des Wachsziehers, da die mit Honig gefüllten Bienenwaben für beide Tätigkeiten gebraucht wurden. Mit dem Honig wurde ein zäher Teig für die Lebzelten angerührt, der dann in ein aufwändig geschnitztes Holzmodel gepresst und gebacken wurde. Obwohl eines der häufigsten Motive, hat sich das Model für den Nikolaus leider nicht erhalten. Ein Vergleichsstück ist aber das ABC-Täfelchen mit dem geflügelten Engel. Aus dem Bienenwachs wurden Kerzen, Wachsstöcke oder Votivgaben hergestellt. Gegen Ende des 19. Jahrhundert kam es zu einem Rückgang der gemodelten Lebzelter, da Ausstecher immer beliebter wurden. Man begann daher Wachsabgüsse dieser Model anzufertigen, die dann als Wandschmuck verwendet wurden.

 

Gemodelte Lebzelten gehörten früher übrigens zu den traditionellen Nikolausgeschenken. In diesem Sinne - frohe Feiertage aus dem Museum Köflach!

Königlicher Besuch im Gestüt oder Warum lächelt die Königin?

Dass die britische Königin Elizabeth II. eine große Pferdefreundin ist, ist bekannt. Weniger bekannt ist vielleicht die Tatsache, dass die Queen im Zuge ihres Staatsbesuches in Österreich 1969 auch im Gestüt Piber zu Gast war. Die Königin traf am 9. Mai unter großem Jubel in Begleitung ihres Ehemannes Prinz Philip und ihrer Tochter Prinzessin Anne im Gestüt ein. Die Anfahrtsstrecke von Söding bis nach Piber war zur Begrüßung von hunderten winkenden und fähnchenschwingenden Schulkindern gesäumt.

 

Begleitet von Landeshauptmann Krainer, Landwirtschaftsminister Schleinzer und Landesstallmeister Lehrner wurden die unterschiedlichen Ställe besichtigt und anschließend gab es eine Vorführung der Pferde. Unser Foto hält einen besonderen Moment dieser Vorführung fest.

 

Erika Iberer hat diese nette Anekdote aufgezeichnet. Als die Mutterstuten zur Vorführung aus dem Stall geholt wurden, schlüpfte auch unbemerkt ein ganz junges Fohlen ins Freie. Es stakste auf den Vorführplatz, wo eben die Stuten Primavera und Troja mit ihrem Nachwuchs präsentiert wurden, drängte sich vor und blieb keck vor der Königin stehen. Der Landesstallmeister entschuldigte das freche Fohlen mit den Worten „Es hat eben auch die Königin sehen wollen“, was zu allgemeiner Heiterkeit führte.

 

Zum Abschluss wollen wir uns noch dem eleganten Outfit der Königin widmen, da ihre farbenfrohe Kleidung stets besonderes Medieninteresse weckt und unsere Schwarz-Weiß-Fotografie nichts Genaueres verrät. Die Queen „trägt einen schicken, dottergelben Mantel aus Wollstoff und einen Organdyhut in gleicher Farbe“ wurde in den Medien berichtet. Auch der Chronist der Köflacher Siegl Chronik vermerkte begeistert das „gelbe, leuchtende“ Ensemble mit passendem Hut.

Ein Frosch unter Tag - Von Grubengeleucht und Lampenfabrikant

Im Inneren der Erde ist es dunkel. Seit der Mensch unter Tag nach Schätzen gräbt, gehört daher das Licht - der Bergmann spricht hier vom Geleucht – zu seinen wichtigsten Hilfsmitteln. Archäologische Funde zeigen, dass schon im prähistorischen Bergbau Kienspäne zur Beleuchtung verwendet wurden. Damals wurden sie mit den Zähnen gehalten, um die Hände für die Arbeit frei zu haben.

 

Was macht jetzt aber ein Frosch unter Tag? Vermutlich im 17. Jahrhundert entwickelte sich die so genannte Froschlampe. Eine geschlossene Grubenlampe aus Eisen, die mit Rüböl (Rapsöl) gefüllt und dann mit einem Docht versehen wurde. Dieser Lampentyp  wurde in fast unveränderter Form bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Bergbau verwendet. Es entwickelten sich auch reviertypische Lampenformen, wie zum Bespiel der massive eiserne Frosch des weststeirischen Kohlereviers. Woher der kuriose Name Froschlampe stammt ist nicht bekannt. Er könnte aber von der gedrungenen Form des Lampenkörpers stammen, andere Deutungen verweisen auf den Volksglauben, nach dem der Frosch auch als Schatzhüter gilt.

 

Die gezeigte Froschlampe stammt aus der Grubenlampenfabrik von Pius Pirringer in Graz und wurde um 1880/ 1890 dort hergestellt. Pirringer perfektionierte die Herstellung von Froschlampen mit der Entwicklung des maschinell gedrückten Lampentopfes. Durch diese Technik verkürzte er die Herstellungszeit enorm und belieferte Bergbaubetriebe in der gesamten damaligen Monarchie. Bevor Pirringer erfolgreicher Grubenlampenfabrikant in Graz war, war er einige Jahre als Schlosser in Köflach tätig und heiratete 1867 eine Köflacherin.

 

Sie möchten mehr wissen? Eine ausführlichere Besprechung der Froschlampe finden Sie in Kürze auf der Homepage der Stadtgemeinde Köflach.

Eine tierische Spur aus der Vergangenheit

Man möchte meinen, das hier wäre nur ein langweiliges Stück Ziegelschutt. Schaut man aber genauer hin, erkennt man kleine Abdrücke auf der Oberfläche. Sie stammen von einem Tier, das vor fast 2000 Jahren über den frischen Ziegel gelaufen ist. Es war wahrscheinlich ein Fuchs, oder ein Hund, genau lässt sich das nicht bestimmen, weil der Lehm zu diesem Zeitpunkt schon angetrocknet war. In der Römerzeit, aus der der Ziegel wahrscheinlich stammt, wurden die händisch geformten Ziegel vor dem Brennen an der Luft getrocknet, meist im Freien. Da konnte leicht einmal ein Tier drüber huschen. Das Stück war wahrscheinlich Teil einer Wandheizung und stammt vom Heiligen Berg, wo vom 1. bis zum 5. Jh. n. Chr. eine römerzeitliche Siedlung vermutet wird. Es wird in der Sammlung von Walter Mulej im Museum Köflach aufbewahrt.

 

Text und Foto: Romana Jöbstl, BA

Der Brauch des Witwerschlüssels

Inventarnummer: MJ95/ 3260
Maße: 9,5 x 3,7 cm
Material: Silber, gegossen, Filigranarbeit
Datierung: Ende 19./ Anfang 20. Jahrhundert
Herkunft: Österreich

Witwerschlüssel - was ist das? In der Sammlung von Walter Mulej im Museum Köflach findet sich ein kleiner Silberschlüssel mit dem man nichts aufsperren kann. Der Witwerschlüssel ist ein symbolischer Schlüssel und steht in Verbindung mit einem Brauch, der im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Österreich und Süddeutschland verbreitet war.

Zu Beginn: Ein kleines Schlüssel ABC

Ein Schlüssel besteht aus mehreren Elementen: Reide, Gesenk, Schaft (oder Halm) und Bart. Der Griff wird als Reide bezeichnet, diese weist je nach Entstehungszeit unterschiedliche Formen und Verzierungen auf. Das Gesenk ist eine Verdickung zwischen Reide und Schaft und begrenzt die Einschubtiefe des Schlüssels. Darauf folgt der Schaft, auch Halm genannt, der schließlich im Schlüsselbart endet. Der Schaft kann massiv (Volldorn) oder hohl (Hohldorn) ausgeführt sein. Der Bart ist das Herzstück des Schließmechanismus, auch er ist je nach Entstehungszeit unterschiedlich geformt.

Objektbeschreibung

Ein Witwerschlüssel ist ein kleiner, aus Silber gegossener Schlüssel. Obwohl Witwerschlüssel nichts versperren, sind sie ähnlich aufgebaut wie konventionelle Schlüssel. Die Reide wird von zwei Kreisen gebildet (man spricht von einem sogenannten Zweipass), die von einem geschwungenem Dach und einer Kugel bekrönt werden. Zusätzlich ist sie mit Filigranspiralen geschmückt. Im Zentrum der Kreise befinden sich jeweils Schlägel und Eisen. Ein Hinweis darauf, dass der Schlüssel einem Bergmann gehört haben könnte. Es handelt sich um einen Volldornschlüssel und der Schaft ist mehrfach abgesetzt. Hier befindet sich auch eine Öse um den kleinen Schlüssel an der Kette der Taschenuhr befestigen zu können. Der Bart ist rechteckig mit geschwungenen Seitenteilen, darin befinden sich wieder zwei Filigranspiralen.

 

Am Schaft kann man auch zwei Punzen erkennen. Punzen sind eingeschlagene Marken, die den Hersteller und den Feingehalt eines Gegenstandes aus Silber anzeigen können. Unser Schlüssel hat eine Punze mit den Buchstaben FP. Hierbei handelt es sich vermutlich um die Initialen des Herstellers oder Werkstattinhabers. Die zweite Punze zeigt eine figürliche Darstellung, die nicht mehr genau erkennbar ist. Es könnte sich um einen stilisierten Löwenkopf handeln. Dieses Motiv wurde in der Monarchie von der Mitte des 19. bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts (1867 - 1922) benutzt, um kleine Geräte und Schmuckstücke aus Silber mit einem Feingehalt von 750 zu kennzeichnen. 

 

Witwerschlüssel und Schlüsselgewalt

Witwerschlüssel zählen zu den symbolischen Schlüsseln. Das bedeutet, sie sperren keine wirklichen Schlösser, sondern sind Symbol für ein Ereignis oder einen bestimmten Sachverhalt. Obwohl sie in vielen Sammlungen zu finden sind, weiß man verhältnismäßig wenig über sie.

 

Der Brauch einen Witwerschlüssel zu tragen, war im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in Österreich und Süddeutschland verbreitet. War die Ehefrau verstorben, trugen Männer sie gut sichtbar an der Kette ihrer Taschenuhr. Es war ein Symbol dafür, dass der Mann nach dem Tod der Ehefrau die Schlüsselgewalt zurückerhalten hatte. Traditionellerweise hatte die Frau die Schlüsselgewalt im Haus inne. Dies hat seinen Ursprung bereits in römischer Zeit, der Braut wurden am Hochzeitstag die Schlüssel übergeben. Auch Jakob Grimm überliefert, dass Schlüssel das Symbol hausfräulicher Gewalt waren. Die Schlüsselgewalt verlieh der Frau Rechte innerhalb und auch außerhalb des Hauses, dazu gehörten der freien Zugang zu und die Verwaltung von Vorratshaus und Vorratstruhen, wie auch gewisse Finanzgeschäfte.

 

Mit dem Tod der Frau bekam der nun verwitwete Ehemann also seine Schlüsselgewalt wieder. Und trug sie, nach angemessener Trauerzeit, mit dem Witwerschlüssel an der Uhrenkette auch gut sichtbar vor sich her. Wohl auch als Botschaft an die Damenwelt, dass er bereit war sich neu zu verheiraten – also seine Schlüsselgewalt neu zu vergeben.

 

 

Text: Julia Pfisterer, BA

 

 

Literatur:

 

Deutsches Schloß- und Beschlägemuseum (Hg.): Wer den Schlüssel nicht ehrt…. Velbert, 1990.

 

Fielhauer, Hannelore: Schlüssel und Schlösser. Wien, 1987.

 

Morgenroth, Ulrich: 4000 Jahre hinter Schloss und Riegel. Eine kleine Menschheitsgeschichte der Sicherheitstechnik. Velbert, 2006.

 

Pall, Martina: Angewandte Kunst des täglichen Lebens. Die Entwicklung von Schloss und Schlüssel. In: Kulturberichte 2006 Tirol und Südtirol. Alltagskultur 60 Nr. 451/ 452 (Dezember 2006), S. 92 - 96.

 

Pankofer, Heinrich: Schlüssel und Schloß. Schönheit, Form und Technik im Wandel der Zeiten aufgezeigt an der Sammlung Heinrich Pankofer, München. München, 1973.

 

Russwurm-Biró, Gabriele: Eine Schlüsselsammlung im Landesmuseum Kärnten. Ein Vorbericht zur Aufarbeitung der ehemaligen Sammlung Erich Herrmann. In: Rudolfinum. Jahrbuch des Landesmuseums für Kärnten (2001/ 2002), S. 305 - 316.

 

Weblinks:

 

Wolters, Jochem: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte VIII (1985) Sp. 1062-1184 s.v. Filigran (Filigranarbeiten, Filigrandraht), Online: RDK-Labor, www.rdklabor.de/wiki/Filigran_(Filigranarbeiten,_Filigrandraht) (Zugriff 03.01.2019).

 

www.lickl.net/2h/punzen.pdf (Zugriff 03.01.2019).